Kantone und Klimawandel

Trotz ihrer Verantwortung, gegen den Klimawandel zu kämpfen, zeigen die PolitikerInnen in Kantonen und Städten ein verschieden grosses Engagement für Massnahmen gegen die Bedrohungen des Klimawandels.

Für Politiker wie Marcel Wüthrich (GFL), Stadtrat in Bern, ist die Bekämpfung des Klimawandels „die wichtigste politische Aufgabe des 21. Jahrhunderts, die zudem nur global zu lösen ist, wo wir aber lokal handeln müssen“.

Desinvestment von Fossil Fuels

Eine zentrale Vorgehensweise, um der Umwelt zu helfen, ist, die finanziellen Quellen fossiler Energieträger auszutrocknen. Laut Gabi Stritt (SP), Gemeinderätin der Stadt Winterthur, verfügen „die Pensionskassen [..] über ein horrendes Kapital und investieren Milliarden in die Kohle-, Erdöl- und Erdgasindustrie. Sie finanzieren Firmen, welche zu den grössten Verursachern der Klimaerwärmung gehören.“ Wenn Banken, Pensionskassen, Versicherungen und AnlegerInnen kein Geld mehr in Kohle, Öl und Gas investieren, verringern sie die Möglichkeiten, fossile Infrastrukturen zu erweitern.

Insgesamt unterbreiteten PolitikerInnen in 14 von 21 (67%) Kantonen (exklusive GE, JU, NE, TI, und VD) Vorstösse zum Desinvestment von Pensionskassen (PK) und Kantonalbanken (KB) von fossilen Unternehmen. Die Kantone Zürich und Basel-Stadt führen die Kantone mit 10, resp. 8 Vorstössen an:

Anzahl der Vorstösse gegen Fossil Fuels in den untersuchten Kantonen. Sie schliessen Motionen, Initiativen, Anträge, Postulate/Anzüge und Interpellationen ein.

Auf städtischem Niveau sind Bemühungen schwieriger, da die Kompetenzen oft bei den Kantonen oder dem Bund liegen. Trotzdem beschäftigte sich die Stadt Zürich öfter mit fossilen Brennstoffen als alle andern Städte und Kantone.

Pensionskassen und Banken

Die Klima-Allianz Schweiz, die sich mit nachhaltiger Klimapolitik beschäftigt, entwickelte einen PK-Klima-Rating-Index. Der Index beurteilt wie stark die Pensionskassen ihre finanzierten Treibhausgasemissionen bereits reduziert haben: Grün (Best Practice), Orange (erste Schritte eingeleitet) oder Rot (klimaschädigend). Die Klima-Allianz fand, dass 52 Prozent der Vorsorgeeinrichtungen klimaschädigend und nur gerade 7% klimafreundlich sind.

Politiker erwähnten den Einfluss der Klima-Allianz auf ihre Vorstösse. Sie beschwerten sich über die Rechtfertigungen der Banken, Pensionskassen und institutionellen Anleger gegen einen Ausstieg aus Fossil Fuels, in welchen diese angeben, dass sie nur mit fossilen Brennstoffen die Rendite erzielen können, die sie brauchen. Laut Marcel Wüthrich bergen „im Gegenteil die Investitionen in fossile Energien enorme finanzielle Risiken [..] («Carbon Bubble»)“. Gabi Stritt erklärt weiter, dass „damit [..] die Risiken derjenigen Pensionskassen ‘steigen’, die nach wie vor in fossile Energien investieren. Die Folgen tragen dann wiederum die Versicherten“. Gemäss einem Bericht des Bundesamt für Umwelt (BAFU), ist „nachhaltig Investieren – und zwar mit einem attraktiven Rendite-Risiko-Verhältnis – [..] nicht nur möglich, sondern unumgänglich für unsere Zukunft.“

Mangelnder Erfolg?

Wieviel Erfolg haben die Vorstösse? Keinen durchschlagenden, denn alle 9 Motionen zu fossilen Investitionen sind entweder abgelehnt oder anderweitig behandelt worden. Bei Postulaten gibt es eine grössere Resonanz – rund 31% wurden angenommen.

Bei einer Anfrage in Graubünden zu einer „zukünftigen“ Pensionskasse antwortete die Regierung, dass sie „nicht für die Anlagepolitik der PKGR zuständig“ ist sondern der Bund: „…im Bundesrecht (BVG und BVV2)…finden sich keine verbindlichen Vorschriften zu «nachhaltigen» oder «klimaverträglichen» Wertschriftenanlagen.“ (Session 14.02.2018)

Gegner sagen auch, dass ein Dekarbonisierungsplan „überflüssig“ sei, weil sich „jeder Beamte in diesem Land tagein-tagaus Massnahmen überlegt, mit denen noch mehr CO2 eingespart werden kann.“ (Ueli Bamert (SVP), Kantonsrat Zürich, in Bezug zur Motion 228/2018)

Aber die Anzahl der Vorstösse, die von 12 im Jahr 2016 (manche davon wurden noch in 2015 gestellt und erst 2016 behandelt) bis zum Höhepunkt von 22 im Jahr 2019 zunahmen, könnte zeigen, dass immer mehr Personen Massnahmen gegen den Klimawandel als notwendig erachten. Politiker mit einem starken Bezug zum Umweltschutz stellen ebenfalls fest, dass das Interesse am Klimawandel bei ihren KollegInnen steigt.

Es gibt auch Fortschritte. Gemäss der Züricher Kantonsrätin Sonja Gehrig (GLP), sind beispielsweise die Zürcher Kantonalbank (ZKB) und die Pensionskasse der Stadt Zürich (PKZH) „gut unterwegs bezüglich Nachhaltigkeit“, anders als die Personalvorsorge des Kantons Zürich (BVK). Laut dem Klima-Allianz-Rating hat der BVK eine orange Beurteilung wegen ihrem Ausschluss von Kohleproduzenten. Die orange Wertung der PKZH wird bald auf Grün wechseln, sobald substanzielle Dekarbonisierungen erfolgt sind.

Andere Umweltschutz-Themen

Leider haben Klimawandel-Themen in einigen Kantonen keinen grossen Stellenwert. Nidwalden z.B. hat nur zwei Vorstösse mit Begriffen wie „Klima“, „Pariser Abkommen“ und „CO2“: in 2019 ein Postulat um Klimawandel einzudämmen sowie eine Anfrage über die Auswirkungen der Trockenheit und Klimaerwärmung auf den Nidwaldner Wald.

In anderen Kantonen wurden dagegen mehr Vorstösse zum Thema Klimawandel und Kohlenstoffdioxid eingereicht. In Appenzell Ausserrhoden gab es Vorstösse zur Energie im Wärmebereich und wie der Regierungsrat plant, klimaschützende Massnahmen einzuleiten und welche konkreten Massnahmen jede Abteilung ergreifen könnte. Der Kantonsrat des Kantons Luzern debattierte zu verschiedenen Themen, u.a. über die nachhaltige Produktion von Nahrungsmitteln angesichts der Auswirkung des Klimawandels auf den Boden, über den Plan des Kantons für Elektrofahrzeuge, über weniger CO2-Ausstoss sowie über mehr Solarstrom. Oft wurden auch einfache Anfragen gestellt, z.B. was die Regierung plant, um das Pariser Abkommen und die Ziele 2030 für nachhaltige Entwicklung zu erreichen.

Christa Mutter (GR), Grossrätin im Kanton Freiburg, ist stolz auf ihren gemeinsamen Erfolge mit Julia Senti (SP) in den letzten Jahren. Mehrere von ihren Vorstössen wurden angenommen, die wichtigste davon eine Motion für ein kantonales Umwelt- und Klimagesetz.

Der Bundesrat

Und was unternahm der Bundesrat in den letzten fünf Jahren? Allein für das Thema Desinvestment von Fossil Fuels bei Pensionskassen und Banken wurden siebzehn Interpellationen, zwei Anfragen, neun Motionen, drei Postulate, eine parlamentarische Initiative sowie eine dringliche Interpellation eingereicht. Acht Motionen wurden entweder abgelehnt oder abgeschrieben.

Nur eine Motion von 2019 wurde angenommen: Die Motion „Nachhaltige Finanzflüsse aufzeigen“ beauftragt den Bundesrat, Investitionen in nachhaltige Anlagen durch eine verbesserte Datengrundlage zu vereinfachen und im Frühling 2020 einen Bericht vorzulegen mit Vorschlägen für den Finanzmarkt zu «Nachhaltigkeit, Environmental, Social and Governance» (ESG) Fonds und den Wechsel zu erneuerbaren Energien.

Im Dezember 2020 ergriff der Bundesrat konkrete Massnahmen „für einen nachhaltigen Finanzstandort Schweiz“, mit denen Transparenz über die Auswirkungen von Finanzmarktprodukten auf die Umwelt geschafft werden soll. Aber der Bundesrat empfiehlt nur, dass Finanzmarktakteure Klimarisiken berücksichtigen sollten. Im Januar 2021 begann die Schweiz die internationale «Task Force on Climate-Related Financial Disclosures (TCFD)» zu unterstützen.

Der wichtigste Erfolg ist die Revision der CO2-Verordnung ab 1.1.21, die 25 Prozent höhere Emissionsvorschriften für neue Fahrzeuge einschliesst und eine Erhöhung der CO2-Abgabe bis 120 Franken pro Tonne CO2 erlaubt, falls die CO2-Emissionen nicht genug sinken.

„Wir machen Fortschritte, aber langsam“ sagt Markus Keller, Mitgründer des Vereins Fossil Free Schweiz, welcher gegen Investitionen von Banken und Pensionskassen in Kohle-, Öl- und Gaskraftwerke kämpft. „Es ist dringlich, dass der Bund den Wechsel des Finanzfluss zu nachhaltigeren, klimafreundlicheren Optionen fördert – unserer Zukunft zuliebe.“


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